In den vergangenen Tagen, Wochen und Monaten wurde  verschiedene Anregungen und Erwartungen an mich herangetragen, wie man mit der Corona-Pandemie weiter umgeht. Die Uckermark und ganz Brandenburg zeigen eine erfreuliche Entwicklung — die Infektionszahlen gehen stark zurück. Die Menschen brauchen nun nach Monaten des Lockdowns, vieler Sorgen, Probleme und persönlicher Einschränkungen eine Perspektive!

Meine Ansichten und Forderungen habe ich in einem Schreiben an unseren Bundesparteivorsitzenden, Armin Laschet, zusammengefasst und an ihn herangetragen.

Auszüge aus meinem Schreiben stelle ich Ihnen nachfolgend gern zur Verfügung.

Seit nahezu einem Jahr lebt unsere Gesellschaft in einem unvergleichbaren Ausnahmezustand, hervorgerufen durch einen weltweit grassierenden Virus und gefolgt von einer Krise, die uns seitdem in Atem hält und von jedem Einzelnen viel abverlangt — zu viel.

Die Ministerpräsidenten haben zusammen mit der Bundesregierung in unermüdlichem Einsatz versucht, mit Eindämmungsverordnungen der Lage gerecht zu werden und trotzdem das Leben für die Menschen in unserem Land verträglich zu gestalten.

Da es keine Blaupause für eine solche Situation gibt, ist man im Regierungshandeln auch gezwungen, ungewöhnliche, auch unbequeme und schmerzliche Wege zu gehen, ohne die Erfolgsaussichten vorhersagen zu können. Dafür hatten die meisten Bürger Verständnis und haben ihre Bedürfnisse in den letzten Monaten weit hinten angestellt.

Es wurden Einschränkungen für die gesamte Gesellschaft, die Wirtschaft, die Bildung und insbesondere für das Privatleben verordnet. Die Menschen in unserem Land haben auf das Regierungshandeln mit Augenmaß in Bund und den Ländern vertraut und die Maßnahmen mitgetragen. Dadurch sind wir bisher auch alles in allem gut durch diese Krise gekommen. Sowohl wirtschaftlich, als auch gesamtgesellschaftlich.

Nun sind wir an einem Punkt angekommen, wo zu befürchten ist, dass die Stimmung umschlägt. Die veränderte Stimmungslage spiegelt sich mir als direkt gewähltem Wahlkreisabgeordneten in unzähligen Gesprächen, Telefonaten, Videocalls, Briefen, Mails und Kommentaren in den sozialen Medien tagtäglich wider. Meine große Sorge ist, dass wir diesen Stimmungsumschwung auch nicht mehr aufhalten werden, wenn wir den Bürgerinnen und Bürgern nicht umgehend eine Perspektive und Zuversicht geben.

Der Mensch lebt von der Hoffnung, nicht von der Angst. Derzeit überwiegt in den Berichterstattung der Medien jedoch ausschließlich die Angst, die Einschüchterung und die Hoffnungslosigkeit. Leider ist von Zuversicht weit und breit keine Rede. Wie kommen wir schnellstmöglich heraus aus dieser Spirale der Angst und der Trostlosigkeit? Wie ist es möglich, voller Hoffnung und Vertrauen auch mit einem solchen Virus zu leben auch ohne einen hundertprozentigen Schutz für alle Bevölkerungsgruppen? Eine solche Schutzgarantie kann nie jemand geben.

Was viele Einwohner besonders beunruhigt, sind solche Aussagen von Politkern und Virologen wie: „Moment der Lockerung kommt erst zum Ende des Sommer, wenn genug Impfungen vollzogen sind…“, „Solche Pandemien können die neue Normalität werden…“, „Wenn keine Impfung kommt und das Virus nicht verschwindet, dann müssen wir für immer so leben…“, „…ein Ausnahmezustand für immer…“, …trotz der besseren Zahlen brauchen wir einen schärferen Lockdown…“, „Die nächste Pandemie könnte zehn Mal so schlimm sein…“, und so weiter.

Darüber hinaus gibt es Maßnahmen, die selbst für jemanden wie mich, der vermeintlich nahe am politischen Geschehen scheint, schwer nachvollziehbar sind. Ich will in der Kürze nur auf einige wenige eingehen:

– Die 15km-Regelung gehört dazu. Es ist nicht erklärbar, wie diese Regelung in der Fläche wirken kann. Sie ist politisch, willkürlich und damit vollkommen unwirksam.

– Die Schließung der Friseursalons und ähnlicher Dienstleistungen birgt die Gefahr in sich, dass die Mitarbeiter in die Schwarzarbeit getrieben werden und ohne Hygienekonzepte arbeiten, obwohl sie in ihren Salons alle Vorkehrungen getroffen haben. Aus einem Friseursalon ist bisher noch kein Corona-Hotspot hervorgegangen.

– Unterschiedliche Regelungen in benachbarten Bundesländern. Der Zoo und der Tierpark in Berlin z.B. durften offen bleiben, wo hingegen die Zoos, Tiergärten und Wildparks in Brandenburg ihre Besucher nicht empfangen durften. Das bedeutet, dass die Brandenburger im Zug nach Berlin fahren, um dort in die Einrichtungen zu gehen. Hier vor Ort hätte man die Besucherströme gut entzerren und bei mehr Fläche in Brandenburg den Menschen ein Angebot an gesunder frischer Luft bieten können. Die Hygienekonzepte liegen vor und haben sich in der ersten Phase bewährt.

– Supermärkten können neben Lebensmitteln unter anderem Bekleidung, Schuhe oder TV-Geräte anbieten. Entsprechende Fachgeschäfte, in denen sich in der Regel weniger Kunden aufhalten und deren Anzahl sich steuern lässt, bleiben dagegen im Lockdown geschlossen. Wenn die Hygienekonzepte im Lebensmitteleinzelhandel funktionieren, funktionieren die Hygienekonzepte auch bei anderen Verkaufsangeboten. Es kann hier keine Unterscheidung gemacht werden. Die Innenstädte drohen zu verwaisen, wenn der Einzelhandel stirbt.

– Die sogenannte „Ein-Personen-Regel“ hat bei vielen — so auch bei mir — nur Kopfschütteln erzeugt. Man darf seine Eltern, Schwiegereltern Kinder oder Enkel nur alleine besuchen. Der Partner besucht dann zeitlich versetzt denselben Personenkreis. Hier gibt es keine erkennbare Logik, die Menschen fühlen sich jedoch unnötig gegängelt.

Die Eingriffe in die Privatsphäre geben generell besonderen Anlass zur Sorge, gerade in einer liberalen Gesellschaft wie der unseren. Insbesondere in Ostdeutschland sind die Menschen besonders sensibel, denn viele erinnern sich noch die beobachtenden Nachbarn hinter der Wohnzimmergardine und an das systematische Denunzieren.

Sehr traurig machen mich die Besuchsverbote in den Seniorenunterkünften und Krankenhäusern. Mir wurde sehr emotional von Situationen berichtet, dass Angehörige ihre Lieben nicht mehr in den letzten Lebenstagen sehen durften, ganz zu schweigen davon, dass sie in den letzten Stunden bei ihnen sein durften. Das passt nicht zu unserer humanitären Gesellschaft.

Die Intensivstationen sind nach Angaben der Krankenhäuser nur punktuell überlaufen, das Gesundheitswesen kommt in der Breite nicht an seine Grenzen, was das ursprüngliche Hauptkriterium für die Maßnahmen war. Deshalb bleibt die Frage: Können wir mit den aktuellen Inzidenzen bei mehr Freiheiten umgehen? Meine Meinung ist: Wir müssen es!

Mein Eindruck ist, dass seit einiger Zeit die Angst vor dem Virus, von der Angst um die wirtschaftliche und soziale Zukunft überlagert wird. Die massiven Kontaktbeschränkungen, geschlossene Bildungs- und Kultureinrichtungen, Geschäfte und gastronomische Einrichtungen, die keine Kunden empfangen dürfen, körpernahe Dienstleistungen, die nicht ausgeübt werden dürfen und eine Tourismusbranche, die am Boden liegt, haben deutliche Spuren hinterlassen — trotz aller staatlichen Unterstützung.

Es mehren sich die Befürchtungen, die von der Parteibasis an mich herangetragen werden, dass trotz sinkender Inzidenzwerte und wiederholter Ankündigungen, notwendige Lockerungen weiter zurückgestellt werden und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen nicht mehr nachvollzogen werden kann. Breite Teile der Unionsmitglieder in meiner Heimatregion sind der Auffassung, dass die Geduld der Menschen im Land von den politischen Entscheidungsträgern in Übermaßen in Anspruch genommen wird.

Die Bürger fordern zu Recht einen verlässlichen Fahrplan aus dem Lockdown und eine Analyse der erlassenen Maßnahmen, was diese jeweils zur Reduzierung des Infektionsgeschehens beigetragen haben!

Die Wirtschafts- und Kulturbereiche, die seit Monaten geschlossen sind, haben mit viel Kreativität, aber auch mit hohen Investitionen erfolgreiche Hygienekonzepte entwickelt. Das wird durch pauschale Schließungen weder berücksichtigt, noch ist klar, ob die harten Eingriffe in dieser Form überhaupt notwendig sind. Bei exponentiellem Wachstum ist schnelles Handeln unbestreitbar notwendig. Das exponentielle Wachstum ist jedoch seit Monaten in Deutschland vorbei. Die Belegungszahlen von Intensivkapazitäten gehen deutlich zurück.

Ich bitte Sie, Ihren Einfluss in Ihrer neuen Funktion deutlich und erkennbar zu machen. Helfen Sie mit, den Menschen eine planbare Perspektive für mehr Normalität zu geben, indem man sich von Maßnahmen verabschiedet, die entweder in keiner Weise kontrollierbar sind, oder die bei allem Wohlwollen einen Zusammenhang mit dem Infektionsgeschehen nicht erkennen lassen. Es ist absehbar, dass uns die Auswirkungen der Corona-Krise noch lange begleiten werden, daher sollte man auf die Maßnahmen verzichten, die das Leben, die Freiheit und das Wirtschaften der Menschen unnötig und ohne erkennbaren Nutzen einschränken.

Die Bürgerinnen und Bürger — auch meines Wahlkreises im Nordosten Brandenburgs — werden es Ihnen danken. Ich setze daher meine Hoffnung auf das nächste Ministerpräsidententreffen mit der Bundesregierung.

Bitte geben Sie ein starkes Signal! Bitte geben Sie den Menschen im Land eine Perspektive! Bitte geben Sie den Menschen im Land die Hoffnung zurück!

Foto @ Jens Koeppen