Die Mittelstandsvereinigung gibt Uckermärkischen Gewerbetreibenden in Prenzlau ein Forum für ihre Sorgen und Nöte. Sie lud Firmenvertreter und Interessenten zu Wortbeiträgen ein. Was treibt die Unternehmer gegenwärtig um?

Bei angenehm herbstlichem Wetter fanden am Sonnabend zahlreiche Uckermärker den Weg zum Prenzlauer Marktberg. Die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung Uckermark hatte zu „Reden wir Klartext“ eingeladen und wollte damit vor allem den Uckermärkischen Firmen eine Möglichkeit geben, sich in der gegenwärtig angespannten Zeit zu artikulieren. Rund 200 Interessierte besuchten die Veranstaltung, die vom Vorsitzenden der Mittelstandsvereinigung, Felix Börninck (CDU), initiiert wurde und an der auch die Landrätin der Uckermark, Karina Dörk (CDU), teilnahm. „Viele Gewerbetreibende in der Uckermark sehen sich gegenwärtig von existenziellen Problemen bedroht.

Mittelstandsvereinigung schafft Plattform für Sorgen der Gewerbetreibenden

Die Ungewissheit ihrer beruflichen Existenz treibt sie um. Von der Politik fühlen sie sich nicht wahrgenommen“, erklärt der Schwedter Vermögensberater seine Motivation für die Veranstaltung. Er hatte daher die Idee, den Firmen der Uckermark auf diese Weise eine Plattform für ihre Sorgen und Nöte zu schaffen.

Einige Firmen, wie Oder-Gas Manteufel, SKDiamond, WDU Dienstleistung und das Pflegesachverständigen- und Beratungsbüro Ellen Fährmann nutzten die Gelegenheit, vor das Mikrofon zu treten und das, was sie bewegt, auszudrücken. Auch der Zweite Beigeordnete der Stadt Prenzlau, Dr. Andreas Heinrich (parteilos), die Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Uckermark, Katrin Grothe und der Kreishandwerksmeister, Klaus Schreiber, nutzten die Veranstaltung, um sich zu Wort zu melden.

Existenzängste durch drohende Insolvenzen oder Schließungen stehen ganz klar im Vordergrund aller Probleme, die die uckermärkischen Firmen derzeit umtreiben. Die ungewisse Zukunft der PCK-Raffinerie wird dabei als wesentlich betrachtet, ist aber nicht das einzige Thema, was die mittelständischen Firmen umtreibt. Auch unabsehbar steigende Energie- und Rohstoffpreise standen im Fokus der Redebeiträge sowie der angehobene Mindestlohn.

Die Kalkulationen der Firmen geraten zum Rechenexempel

„Die Existenz des Handwerks steht derzeit auf extrem unsicherem Boden. Mehrere zusammenwirkende Preisspiralen sind dazu geeignet, zahlreichen Firmen den Todesstoß zu geben“, schildert Bäckermeister Klaus Schreiber aus Angermünde die ernste Situation, die noch immer nicht in der Politik angekommen sei. Er meint damit die enormen Preissteigerungen im Energiebereich, bei den Rohstoffen und bei den Löhnen gleichermaßen. Gerade im Bäckerhandwerk hätten alle drei Komponenten eine hohe Bedeutung. „Unter diesen Bedingungen zu kalkulieren gleicht einem nahezu unlösbaren Rechenexempel“, sagt der gestandene Handwerksmeister.

Die Kosten auf den Brotpreis umzulegen würde bedeuten, ein Mischbrot für sechs Euro verkaufen zu müssen, so Schreiber. Dann aber würden ihm die Kunden weglaufen. Ein Betrieb müsse jedoch wirtschaftlich bleiben, sonst grenze dies an Selbstbetrug. Langjährige und bewährte Mitarbeiter zu entlassen könne auch nicht die Lösung sein. Vielmehr müsse die Politik nun endlich aufwachen und mit konkreten Lösungen kommen.

Pflegebedürftige treibt drohende Existenznot um

Besonders drastische Worte für die Beschreibung der Situation in der Pflege fand Ellen Fährmann, vom Pflege- und Sachverständigenbüro in Angermünde. Viele ältere Menschen wären derzeit mit starken Ängsten konfrontiert. Für sie wären die Preisexplosionen auf dem Energiemarkt und der drohende Abbau der über viele Jahre geschaffenen Werte, der sie in die Armut treibt, ein Déjà-vu-Erlebnis. Die Jahre im Dritten Reich sein ihnen noch präsent. Über Jahrzehnte haben Sie mit Fleiß und vielen Opfern Werte geschaffen, die jetzt nach und nach zu verschwinden drohen. „Diese Menschen fühlen sich zutiefst gedemütigt, nun zum Sozialfall zu werden. Mir kam nicht nur einmal zu Ohren, dass alte Menschen in ihrer Not bereit sind, einen für die Angehörigen sehr schmerzlichen Weg zu wählen“, schildert Fährmann ihre Erfahrungen aus erster Hand. Neben den Finanzierungsproblemen der Betroffenen sei für sie auch nicht klar, wie lange angesichts steigender Kosten die Pflegeeinrichtungen überhaupt noch aufrecht erhalten bleiben können.

Bundesregierung hat keine Antworten auf Sorgen und Nöte der Uckermärker

Der Zweite Beigeordnete Prenzlaus, Dr. Andreas Heinrich, erklärte, dass die Bundesregierung keine Antworten auf die Sorgen und Nöte der Uckermärker habe. Er sprach von einem „selbstmörderischen Kurs der Deindustrialisierung und Wirtschaftsvernichtung“. Die Meinung des Wählers sei nicht mehr gefragt.

Landrätin Karina Dörk verwies klar auf die unbefriedigende Situation der PCK-Raffinerie, deren Folgen bald für die gesamte Uckermark spürbar sein würden. Als „ökologischen Wahnsinn“ betrachtet sie das angedachte Umpumpen großer Öltanker in die Rostocker Pipeline nach Schwedt. Für zusätzliche Ölmengen von Danzig nach Schwedt stünde die Freigabe noch immer in Frage. Daher müsse die Drushba-Leitung unbedingt aufrechterhalten werden. „Ohne das russische Öl kann PCK nicht wirtschaftlich arbeiten. Ersatzweise ist kasachisches Öl denkbar“, äußerte sie sich.


Foto: Auf dem Prenzlauer Marktberg machen am vergangenen Sonnabend Schwedter, Angermünder und Prenzlauer Gewerbetreibende ihrem Ärger und ihren Sorgen Luft. Sie fühlen die Existenz ihrer Firmen stark bedroht. Rund 200 Menschen kamen. © Foto und Artikel: Gabriela A. Prodöhl

Quelle: Märkische Oderzeitung, 09.10.2022